Schülerinnen und Schüler der Musicalklassen 5/6 des Gymnasiums Stolzenau und der S3 der Helen-Keller-Schule erwecken Musical-Hörspiel „Der kleine Tag“ von Rolf Zuckowski zum Leben
Die Zeit und ihr unerbittliches Fortschreiten beschäftigt nicht nur Philosophen schon seit Jahrtausenden, auch für Physiker wie Stephen Hawking stellt sie eine grundlegende Größe ihrer Arbeit dar. Im Alltag beklagen wir oft das schnelle Vergehen der Zeit und unser aller schnelles Altern – oder umgekehrt das Kriechen und scheinbare Stillstehen der Zeit, wenn wir warten müssen oder uns langweilen. Es ist daher naheliegend, diesem universellen und allgegenwärtigen Phänomen Aufmerksamkeit in einem Musical zu widmen. Das erkannte der bekannte Liedermacher Rolf Zuckowski bereits 1988 und erschuf zusammen mit Wolfram Eicke und Hans Niehaus das Musical-Hörspiel „Der kleine Tag“, basierend auf Wolfram Eickes gleichnamiger Märchenerzählung. Die Schülerinnen und Schüler der Musicalklassen 5b und 6b des Gymnasiums sowie der S3 der Helen-Keller-Schule brachten nun diese ursprünglich rein erzählte Geschichte als vollwertiges Musical eindrucksvoll auf die Bühne und ließen die Zuschauerinnen und Zuschauer träumen und staunen. Nicht zuletzt aufgrund der eingängigen Songs, unterhaltsamen Choreografien und dem spielfreudigen Ensemble verdienten sich die jungen Akteure zu Recht begeisterten Applaus.
Die einnehmende Erzählerin Mia Charlotte Sieling entführte die geneigten Zuschauerinnen und Zuschauer in das Lichtreich der Tage, in dem alle vergangenen und zukünftigen Tage leben und teilweise – wie der titelgebende kleine Tag (mitreißend: Rieke Ziegeler) – aufgeregt auf ihren Einsatz auf der Erde warten. Gerne würde der kleine Tag ein bedeutender und angesehener Tag werden wie die wichtigsten und hochverehrten Tage im Lichtreich: Der erste und der zweite Tag (hoheitsvoll: Jakob Weisweber und Jonna Sophie Müller), der Steinzeittag (urwüchsig: Lasse Joos Elkendorf), der Kolumbustag (erhaben: Emily Sprott), der Reißverschlusstag (erinnerungswürdig: Zoe Schröder), der Kriegstag (zackig: Albert Tabler), der Friedenstag (bezaubernd: Evelina Selinsky) und der komische Tag (witzig: Mats Albe). Einzig der geheimnisvolle Tag (präsent: Sina Wien Redlich) versucht dem kleinen Tag den Druck zu nehmen und ihm klarzumachen, dass er nicht etwas Besonderes werden und sein muss, dass es reicht er selbst zu sein. Doch der kleine Tag lässt sich nicht von seiner Hoffnung abbringen. Endlich kommt sein Tag auf der Erde, der 23. April. Der kleine Tag beobachtet so viel, wie er kann und genießt seinen Aufenthalt im Reich der Menschen in vollen Zügen. Er ist aufgeregt beim Umzug einer Familie (liebenswert: Ben Buchholz, Clara Maria Gawehn, Laurenz Jonasson, Johanna Eisberg) dabei, die zusammen mit ihren Umzugshelfern (zupackend: Tom Lüpkemann, Elena Menze, Michelle Stumpf) in einen Konflikt mit zwei Bauarbeitern (bärbeißig: Mats Köper, Finn-Luis Kasten) und später an ihrer neuen Wohnung mit der Hausverwalterin (zickig: Maria Graue) geraten. Er verfolgt herzerwärmende Treffen von Menschen: Zwei völlig unterschiedliche Menschen (amüsant: Adelina Vistvennik, Nina Tloczek) helfen sich an einer Bushaltestelle, zwei Senioren (liebenswert: Laura Buchholz, Maximilian Leopold Francis Pohl) geraten über alte Zeiten ins Schwärmen, ein Vater und seine Teenager-Tochter versöhnen sich nach einem Streit (energetisch: Nina Tloczek, Anna-Amalia Kraus) und ein Liebespaar (ließen die Funken sprühen: Laura Buchholz, Maximilian Leopold Francis Pohl) genießt den Augenblick. Auch das spitzbübische Treiben einiger Schülerinnen und Schüler (lausbübisch: Mats Köper, Finn-Luis Kasten, Jakob Weisweber, Otis Eli Schwan, Michelle Stumpf, Jonna Sophie Müller, Elena Menze, Adelina Vistvennik, Leon Lehmann, Niklas Bente) gegenüber ihrer Lehrerin (streng: Maria Graue) lebt der kleine Tag mit Begeisterung mit. Diese und viele weiteren Eindrücke lassen die Zeit für den kleinen Tag verfliegen, sodass er begeistert und zufrieden ins Lichtreich zurückkehrt. Nach einem gespannten Empfang wird aber schnell klar, dass der kleine Tag die anderen Tage mit seinen Erlebnissen nicht beeindrucken kann: Zu alltäglich, zu unspektakulär zu wenig erinnerungswürdig sei sein Tag gewesen, er gehöre zu den schnell vergessenen Tagen. Niedergeschlagen muss der kleine Tag das Urteil der anderen akzeptieren. Doch etwas soll sich ändern, als genau ein Jahr später der Feiertag (Freude versprühend: Otis Eli Schwan) von seinem 23. April zurückkehrt und etwas zu berichten weiß, womit keiner gerechnet hätte…
Unter der routiniert frischen Regie von Elisabeth Lathwesen und Willem-Alexander Rode begeisterten die jungen Darstellerinnen und Darsteller mit spielerischer Freude und umwerfender Präsenz das Publikum. Sie wussten auf ganzer Linie mit ihren sängerischen und darstellerischen Fähigkeiten zu beeindrucken. Die eingängigen und anspruchsvollen Lieder waren von den Musiklehrern Raphael Munk und Christiane Sprick einstudiert worden. Stimmgewaltig wurden die Solisten vom Chor bestehend aus der Musicalklasse 5b des Gymnasiums Stolzenau und der S3 der Helen-Keller-Schuleunterstützt. Die Schülerinnen und Schüler der Musicalklasse 6b wiederum glänzten nicht nur schauspielerisch und sängerisch mit Solopartien auf der Bühne, sondern überzeugten auch mit stimmungsvollen Choreografien. Die Band, bestehend aus Mathias Goedecke (Klavier und Keyboard), Dilwien Akan (Querflöte), Lea Häsemeyer (Klarinette), Laura Kristin Kick (Altsaxophon) und Ole Nietfeld (Schlagzeug) begleitete den Gesang professionell. Währenddessen hatten die engagierten Mitglieder der Technik-AG des Gymnasiums (Leitung: Christiane Sprick) alle Hände voll zu tun, um mit Licht- und Tontechnik die richtige Atmosphäre zu schaffen und die Sing- und Sprechstimmen zu verstärken, was ihnen mit Finesse und vielfältigen Effekten sehr gut gelang.
Das fantasievolle Stück wirkte vor allem auch durch die wunderschöne Kulisse, die unter anderem die S3 der Helen-Keller-Schule unter der Leitung von Simone Bollhorst, Silke Corus und Madlen Behnke kongenial angefertigt hat. Die Kooperation der beiden Schulen beim alljährlichen Musical-Projekt bleibt ein verlässlicher und fruchtbarer Baustein gelebter Inklusion. Nicht zuletzt gebührt dem Förderverein des Gymnasiums Stolzenau wie immer großer Dank, weil sich ohne dessen finanzielle Unterstützung Projekte dieser Größenordnung nicht realisieren ließen.
Im Mittelpunkt standen aber natürlich die beeindruckenden Leistungen der Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Stolzenau und der Helen-Keller-Schule. Dass diese auch außerhalb der Bühne gefördert wurden, ist besonders schön. Denn auch die Arbeit an den beeindruckenden Plakatentwürfen unter der Leitung von Elena Brümmer, die in einer Galerie zu bewundern waren, war ein wichtiger Baustein zum Gelingen. Auch wenn einer solchen Inszenierung viele Stunden harter Arbeit aller Beteiligten vorausgeht, ist eine gelungene Aufführung wie diese doch die schönste Belohnung. Alle beteiligten Schülerinnen und Schüler können zudem davon profitieren, hier auf einzigartige Weise gemeinsam lernen zu dürfen und über sich selbst hinauszuwachsen. Eine weitere öffentliche Vorführung ist im Forum des Gymnasiums Stolzenau am Dienstag, den 20. Februar um 19 Uhr zu sehen.